Jazzspecial

 



Ich trag dich in meinem Herzen


Alexander Katz



April 2021                                                                                                                                                                                                                                      

Nachruf – ich weiß, du hast das gerne gelesen. Aus den verschiedensten Gründen. „Lies das“, hast du gesagt. Und ich wusste, es gab so viel, was du mir mit dem zugesandten Text sagen wolltest. Natürlich ging es dir um den Menschen. Es ging dir um die Biografie. Um das Leben dieser Persönlichkeit. Die Höhen und die Tiefen eines Lebens. Du warst immer an Menschen interessiert. An Geschichten. An Geschichte. An früheren Epochen. An Kunst und Kultur.  Du hast geliebt. Verschlungen. Aufgesogen. All die Informationen. Bei passender Gelegenheit dann, hast du dein Wissen ausgepackt und du hast erzählt. Wie gerne hab ich dir gelauscht. Dein Intellekt, deine Persönlichkeit, deine Sensibilität, deine Tiefe, deine Liebe, deine sinnliche Sprache.

Deine Sprache. Es war eine Freude, sich deinen Worten, deinen Wortkreationen hinzugeben. Zu lernen. Oder einfach diese, deine Sprache, deine Worte, zu genießen. Wie oft haben sie mich auf eine ganz zauberhafte Reise mitgenommen. In die sinnlichen Tiefen der Seele blickend. Gerne hab ich beim Verfassen meiner Texte an dich gedacht. Und da war sie. Die blumige Sprache, die sich plötzlich, wie von alleine, über den gerade noch leeren PC Bildschirm ergoss. Mit einem kurzen Gedanken an dich waren sie da, all die wundervollen Worte, welche Texte zum Erlebnis werden lassen.

Du hast mich stets gefordert. Herausgefordert. Dabei spielerisch und fast wie selbstverständlich geformt. Doch es war nicht nur die sinnlich-kreative Sprache. Auch Schreibweisen und exakte Erklärungen von Situationen - all das war dir wichtig. Das Lesen eines Textes muss Spaß machen und ein Text muss verständlich sein. Nur so ist das Lesen auch ein Genuss.  „Lebe sinnlich-lustvoll, barock-maßlos und immer im Jetzt“, höre ich dich sagen. Du hast die Schönheit des Lebens gesehen. Sie inhaliert. Geliebt und gelebt.

„No complaints and no regrets. …
I have learned that all you give is all you get.
So give it all you've got.
So here's to life and every joy it brings.
So here's to life to dreamers and their dreams….
Funny how the time just flies ….
How love can go from warm hellos to sad goodbyes …
And leave you with the memories you've memorized
To keep your winters warm...
Here's to life, here's to love, here's to you“.
(Shirley Horn – Here's to Life)

Here's to life. Du hast deine Zeit mit all ihrer Fülle bewusst gelebt. Eigenständig. Selbstständig. Selbstbestimmt. Auf den Musikbühnen dieser Welt hast du unzählige Menschen berührt. Ihnen Musik und Freude geschenkt. Sie mit Jazzgeschichten informiert und unterhalten. Und du hast sie gestreichelt - deine Posaune und unsere Seelen.


„Love me, love me
Say you do
Let me fly away with you …“
(Shirley Horn – Wild is the Wind)

Let me fly away with you. Musik lässt uns fliegen. Träumen. Fühlen. Musikalisch verband uns die Liebe zum Jazz, aber auch zur klassischen Musik. Ich durfte deine Konzerte besuchen. Dich fotografieren. Wundervolle Aufnahmen sind entstanden. Besonders die Momente zwischen den gespielten Tönen, liebe ich. Deine Momente der Melancholie. Der Stille. Gehaltvoll. Tief. Unendlich intensiv. DU.

Ich stand im Türrahmen eines Cafés. Das Café, welches dir als Jazz-Musikbühne diente, war nicht nur bis auf den letzten Platz gefüllt, dein Publikum stand auch direkt vor dir, zwischen Tischen und Stühlen, in den Gängen – und im Türrahmen. Knapp zehn Jahre durften wir uns als Freunde in unseren Leben haben. Zutiefst miteinander verbunden.

Jetzt bist du gegangen. Doch ich kann dir keinen Nachruf, im Sinne eines Nachrufs, schreiben. Keine weitere Aufzählung von Stationen deines Lebens. Vielmehr drängen sich Gefühle und Emotionen an die Oberfläche. Bahnen sich ihren Weg tief aus dem Herzen. So rufe ich dir, mit Tränen in den Augen,  nach „Ich vermisse dich unendlich“.





Seine Liebe zum Jazz ist ehrlich, authentisch und einfach berührend

Alexander Katz 

Jazz-Posaunist, Bandleader, Arrangeur 

Foto: Marion Graeber


Marion Graeber

11. Januar 2014 

Alexander Katz zählt bereits seit vielen Jahren zu den bekanntesten und markantesten Musikern in der europäischen Jazzszene. Sein Herz und seine Liebe hängen an der Vielfältigkeit des Jazz. Ob als Duo, Trio, Quartett oder als 14 köpfiges Orchester – Alexander Katz bietet ein unglaublich breites Repertoire. Als Bandleader, Arrangeur und Posaunist gründete Katz Bands, wie beispielsweise ‚Alexanders Swingtime Band‘, ‚European Swing Stars‘, 'Louis Armstrong Revival Band‘, ‚Al Cat & The Roaring Tigers‘, ‚Alexanders Swing Machine‘, 'Alexanders March’n Brass‘, 'The Frisco Kings’, ‘New Orleans Rhythm Kings’ und die ‘Alexanders Banjo Band’.

Weit ist er gereist mit seiner Musik und dem festen Glauben an den Jazz. So wurde ihm im Jahre 1995 auch die Ehrenbürgerwürde der Stadt New Orleans verliehen. Wenn Alexander Katz seine Posaune bläst, treffen die perfekt und gefühlvoll platzierten Töne direkt ins Herz seines Publikums. Es ist nicht verwunderlich, dass viele namhafte Stars und Pioniere des Jazz mit Katz auf Tournee gingen oder Schallplatten einspielten.


Foto: Marion Graeber


So schlug der damals 14jährige, junge Alexander Katz, der das Posaunenspiel auf autodidaktischem Weg erlernte, eine Richtung ein, die sein Leben prägte. Bereits mit 16 Jahren gründete er seine erste Jazzband. Seit dem Jahre 1974 steht er als Vollprofi auf der Bühne. Bis heute ist jedes einzelne seiner Konzerte ein Erlebnis. Denn sein Publikum ist dem Musiker wichtig. Mit Informationen aus der Jazzgeschichte verfügt Katz über ein unfassbares Wissen, welches er gerne mit seinen Zuhörern teilt.

Seine Konzerte sind informativ aber vor allem eben herzergreifend. Denn mit jedem Ton spürt man, seine Liebe zum Jazz ist ehrlich, authentisch und einfach berührend.


Foto: Marion Graeber - Alexander Katz mit seiner Band Al Cat & The Roaring Tigers, mit Tochter Rebecca-Madeleine im Jazzclub Schloss Köngen


Vermisse dich unendlich

+ 14. April 2021






'Wenn der Tag vorbei geht, weiß ich, ich bin schon geboren worden, um Trompete zu spielen'

Till Brönner


Foto: Marion Graeber


Im Gespräch mit Till Brönner

am Freitag, 13. Juli in Kampen auf Sylt





Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Jazz Festival in Kampen auf Sylt ins Leben zu rufen?


Da muss ich ganz ehrlich sagen, der Urheber kommt aus einer anderen Ecke. Ich freue mich immer, wenn wir gute Sachen machen können, aber die Lorbeeren, die gebühren der Tourismuszentrale hier in Kampen. Obwohl die Insel ja sehr stabil da steht, doch auch mal wieder was Neues passieren muss und darf. Und dann war es Dariush Mizani, mein Partner als Veranstalter, der gefragt wurde, aufgrund seiner lanjährigen Erfahrung, ob er nicht eine Idee hätte. Und da wir beide sehr gut befreundet sind, kam die Frage auf „Wie wär es denn mit einem Jazz Festival?“. So ist es zu einem ersten Versuch gekommen, der gleich ziemlich eingeschlagen ist. Wir hatten Sponsoren, die bemerkenswert sind. Gleich von Anfang an. Und es ist offenbar so, dass auch die Kombination und die Bereitschaft aller Beteiligten und der Musik hier wirklich ein sehr gutes Publikum findet. Wir sind jetzt hier zum dritten Mal unterwegs und sind sehr glücklich.


Was lieben Sie an Sylt?


Ich muss gestehen, dass ich als Jazzmusiker immer dazu neige, natürlich DNA bedingt, immer das gut zu finden, was noch keiner gut findet. Lacht. Insofern hab ich über all die Jahre natürlich gehört, was mit Sylt verbunden ist. Ich dachte, das ist ein Riesenklischee. So ungefähr - da muss ich nicht noch selber hin. Und als ich dann herkam, hab ich festgestellt, es ist wirklich nicht übertrieben zu sagen, es ist alles so, wie es geschrieben ist und nicht einen Funken weniger schön. Deswegen muss ich mich heute auch ganz bescheiden in die Reihe derer begeben, die sagen, das ist einfach ein unglaubliches Fleckchen Erde und ich glaub in Deutschland wird immer noch verkannt, dass so ein Ort wie hier internationale Qualitäten hat, was die Landschaft angeht, und das muss geschützt werden.


Wie gut kennen Sie Stuttgart?


Ich kenne Stuttgart sehr gut. Lächelt. Nicht zuletzt weil ich da oft aufgetreten bin. Am Dienstag bin ich wieder bei den Jazz Open. Ich hab auch viele meiner Kollegen aus der Ecke. Süddeutschland mit den Musikvereinen, das hat eine lange Tradition und wir haben damals, Ende der 1980er Jahre vor allem von den Baden-Württembergern profitiert, die damals ins Bundesjazzorchester kamen. Von denen hab ich viel gelernt.


Sie wohnen in Berlin und Los Angeles – Gibt es für Sie einen Seelenort?


Ja, ein Seelenort. Das ist eine gute Frage. Den muss man sich mobil auch ein bisschen zum Einpacken immer noch schaffen. Mein Seelenort ist mittlerweile in der Fotografie und wenn ich ganz ehrlich bin, ist es nach wie vor Rom. Denn da bin ich aufgewachsen und in dieser Stadt schlägt für mich eine wunderbare Mischung aus Aktivität, Ruhe und Kindheit. Ich denke, früher oder später werde ich da auch nochmal landen.


Musik ist für Sie "Eine Verlängerung Ihrer Seele“, wie Sie einmal selbst beschrieben haben. Sind Sie immer von Musik umgeben?


Ich spiele jeden Tag. Das hat auch technische Gründe. Lächelt. Das ist wie bei einem Athleten. Der muss jeden Tag fit sein und die Kunst ist es, immer wieder in kleinen Etappen den Körper daran zu erinnern, wie es ist Trompete zu spielen. Wir kommen leider nicht auf die Welt, um beispielsweise die Trompete zu spielen. Es ist nicht, wie ein Buch lesen – man liest es und kennt es. Man muss es dem Körper also immer wieder neu beibringen. Aber der spirituelle Teil, der ist schon wichtig und ich hab seit ich zwölf war das Gefühl, das gern beruflich machen zu wollen. Jetzt mach ich das im Alter von 47 schon ein paar Jahre und stelle fest, den Ausgleich muss man sich an anderer Stelle schaffen. Aber wenn der Tag vorbei geht, weiß ich, ich bin schon geboren worden, um Trompete zu spielen.


Sie sind mit Musik aufgewachsen. Wo und wann sind Sie auf den Jazz gestoßen?


Ich hab die Musik nicht so sehr bei meinen Eltern kennen gelernt. Das war eher so ein klassisches Musik-Elternhaus. Meine Eltern waren auch nicht militant. Sie haben mich gefördert. Es war die Schul-Big-Band, die mich auch mit einigen älteren Mitgliedern dann auf die Musik gestoßen hat. Die Musik empfand ich als sehr bahnbrechend. Das war damals zwar noch die Musik von Benny Goodman und Glenn Miller. Das war für Kinder und Jugendliche auch nicht normal in dem Alter, aber als ich dann zum ersten Mal von einem Bassisten die Musik von Charlie Parker gehört habe, da wusste ich, dass mich das nie wieder los lassen würde. Das war von so einer Qualität und Klarheit und Grobheit zugleich, es ging ganz klar darum Grenzen ein zu reißen und Gesetze zu brechen. Und das war etwas, dem ich mich nicht entziehen konnte.


Foto: Marion Graeber



Für viele ist es schwer von der Kunst, der Musik oder dem Jazz zu leben. Wie sehen Sie den Jazz heute und damals – was geben Sie, als Jazzlehrer, Ihren Schülern mit?


Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn man muss am Ende des Tages auch mal die Frage stellen dürfen, wenn man nicht von Licht, Luft und Kunst lebt, dann wird es halt einfach auch mal schwierig. Und im Alter erst recht. Deshalb find ich es als Jazzlehrer auch wichtig, den Studenten beizubringen, wie sie ihre Musik verkaufen können. Man muss diese Frage heute aus Verantwortungsgründen einfach auch ein bissschen früher stellen, als einem das lieb ist. Also Talent ist die gute Nachricht ist noch so selten oder so häufig wie früher vorhanden. Nur weil wir heute auf youtube gehen können und alles kostenlos bekommen, heißt das nicht, dass so viele Menschen davon Gebrauch machen oder es auf fruchtbaren Boden fällt. Es muss nach wie vor auf die gleiche Weise inhaltlich gefördert werden, wie man am Ende auch überregional von sich reden machen kann. Denn dann wird es auch einfacher davon zu leben. Das andere ist natürlich, ein frühes in Berührung kommen, mit der medialen Welt. "Wie kann ich mich in sozialen Netzwerken schon eigenständig bekannter machen?", wäre ein Punkt. Das ist ein unglaublicher Zwiespalt, weil schon unheimlich viel Zeit in das Instrument an sich einfließt und man an sich nicht in dem Masse mit der eigenen Vermarktung befassen kann, wie es das Training verlangt. Aber man sollte darauf hinweisen und man kann junge Musiker dabei unterstützen. Für die älteren Musiker ist das in der Tat schwer und ich wüsste nicht, wie sich jetzt durch irgend eine Spalte ein Revival bemerkbar macht in dieser Musik.


Sie sprechen im Zusammenhang mit Musik auch von Stille. Wie definieren Sie die Stille in der Musik?


Ich würde schon sagen, dass das eine nicht ohne das andere geht. Also Stille ohne etwas vorher und nachher ist auch nicht auszumachen und ist dann vielleicht auch mit keiner Aussage behaftet. Aber die Stille in der Musik, das Element der Stille in Kombination mit allen anderen Säulen, das ist etwas, was mir viel zu wenig besprochen wird. Also letztendlich müsste das im Lexikon, wo ja Musik als so ein Dreieck aus Harmonie, Rhythmus und Melodie beschrieben wird, da müsste eigentlich die Pause, die Stille, eben auch noch aufgeführt sein. Sie komplettiert nämlich das Ganze. Für mich ist das ein Lebenskonzept geworden.


Muss man, um sich dem Jazz hinzugeben, ein melancholischer Mensch sein? Es gibt ja auch die positive Melancholie.


Exakt – das ist ganz wichtig. Die Melancholie ist auch im Lexikon als schon fast etwas negatives beschrieben. Für mich ist sie jedoch positiv besetzt. Es ist die Fähigkeit, Sehnsucht, Leid oder Traurigkeit zu empfinden und auch mal hin zu nehmen. Es ist ja auch künstlerisch ein ergiebiges Terrain. Es ist ja viel interessanter und ergiebiger, als nur ständig Sonne und Wonne.


Mit „Nightfall“, sind Sie melancholisch und reduziert unterwegs. Nur mit der Trompete und dem Bass. Was für Erfahrungen haben Sie daraus gewonnen?


„Nightfall“, ist ein Projekt, das auf der Bühne schon seit sieben/acht Jahren existiert, aber bisher noch nicht als CD auf dem Markt war. Über die CD konnten wir das nochmal intensivieren. Der rote Faden ist eigentlich der, dass wir mal alles selber herstellen müssen und, dass der Klang, egal was wir machen, ein viel breiteres Spektrum haben muss aus dem wir schöpfen. Die Musik geht vom klassischen Jazz über Pop bis zu den Beatles und reicht auch über Kirchenlieder zurück bis ins 17./18. Jahrhundert. Durch die Zweier Besetzung wird das Projekt zu einer Herausforderung und ich muss da auf der Bühne in Bestform sein.


Was geben Sie mit „Nightfall“, Ihren Zuhörern mit?


Es ist anspruchsvoll, aber man merkt, dass die Leute die Temperatur, die man da spielt erreichen können. Dass man als Zuhörer das entwickeln kann. Im Falle von Kampen Jazz, welches ja Open Air stattgefunden hat, an so einem Ort, noch Zeit für Ruhe und Muse möglich ist. Das war toll, dass das Publikum das Exeriment mit gemacht hat und es gelungen ist.


Sind Sie ein religiöser oder spiritueller Mensch?


Religiös nicht, aber ich bin so aufgewachsen und letztendlich ist das etwas, was einen auch musikalisch nicht so richtig verlassen hat. Also Kirchenmusik ist für einen Musiker, wenn er ihr ausgesetzt war, immer ein wichtiger Teil und ich denke, dass vor allem Orgelmusik mir immer viel gegeben hat. Und da sind wir bei der Spiritualität und der Stille. Der Nachhall einer Orgel ist wohl der schönste Ton, den es eigentlich gibt. Wenn der letzte Ton verklungen ist, weilt der Geistliche noch eine ganze Zeit, bis er das Wort wieder ergreift. Das sind die Töne, in denen unglaublich viel passiert.


Eine weitere Leidenschaft ist für Sie die Fotografie? Seit wann leben Sie diese Leidenschaft?


Seit etwa zehn Jahren. Öffentlich seit fünf. Die Fotografie hat sehr viel mit Musik machen zu tun und insbesondere mit Jazz spielen. Was mir am meisten gefällt ist, dass man mit der Fotografie einen Moment innehalten und die eigene Fantasie aktivieren kann. Gerade heute in unserer schnell bewegten Zeit.


 

 

 

 

 

 

 

 

Foto: Marion Graeber



Ihre Fotografie ist Schwarz/Weiß – was fasziniert Sie daran?


Mir macht Schwarz/Weiß deswegen sehr viel Spaß, weil ich den Aufnahmezeitpunkt aus dem Bild raus drehen kann. Man merkt das im Kleinen und im Großen. Wenn man beispielsweise ein Foto aus den 1960ern und den 1980ern nebeneinander setzt und man denkt, da sieht man ja gar keinen Unterschied – das ist schon ein toller Moment. Schwarz/Weiß  ist für die Ewigkeit.


Vielen Dank für dieses wundervolle Gespräch.


Ich danke Ihnen. Es war sehr angenehem.





Foto: Marion Graeber



 

 

 

 


'Du bist auf die Welt gekommen und Gott hat dir ein Talent gegeben. Du musst es finden und damit arbeiten'.  

Dusko Goykovich 

 

 

 

Foto: Jan Scheffner

 

 

Interview mit Dusko Goykovich 

Von Marion Graeber

10. März 2016  

 

 

Dusko Goykovich ist im Jahre 1931 in Jajce in Bosnien geboren. Doch schon mit sieben Monaten führte ihn sein Weg nach Belgrad, wo er aufgewachsen ist.

Seit über 60 Jahren ist Goykovich Musiker. Dabei hat er eigentlich recht spät, wie er selbst sagt begonnen, die Trompete zu spielen. Er war 16. Ein Schlüsselerlebnis und somit die Entscheidung für die Trompete war der Hollywoodfilm „Badende Venus“ mit Harry James und der berühmten „Wassernixe“ Esther Williams. Der Trompetensound im Film hat es dem jungen Dusko angetan. Und es gab einen weiteren Film, der wichtig im Leben des Dusko Goykovich war: „Young Man with a Horn“ mit Kirk Douglas. Dieser Film hat nachhaltig Eindruck auf ihn ausgeübt und es war klar – die Trompete sollte es sein.

Eines Tages ging er mit seinen Freunden in Belgrad am Schaufenster eines Ladens vorbei. Darin hat er ein ganz altes belgisches Kornett gesehen, das möglicherweise noch aus Napoleons Zeiten stammte. „Es war total versaut und grün und nichts mehr hat funktioniert“. Doch er wollte es unbedingt haben und hat es sich dann auch am Tag darauf für 500 Dinar gekauft. „Das waren damals ungefähr fünf Mark. Der Verkäufer meinte, ich solle das Instrument doch erst einmal ausprobieren. Doch ich musste sagen, dass ich gar nicht spielen könne, ich es aber trotzdem haben wolle. So hab ich es gekauft und angefangen zu lernen“. Dusko ging daraufhin in eine Musikschule. Seine zweite Trompete bekam er von seinem Bruder aus Australien. Das erste Mal Jazz gehört hat Dusko Goykovich in den Jahren 1947 und 1948. „Wir haben viel „Voice of America“ gehört“. Auch bekamen er und seine Freunde Platten von der Leihbibliothek des amerikanischen Konsulats. Doch das Radio war Anlaufstelle Nummer eins. „Das Radio hören konnte man uns nicht verbieten. Jazz spielen hingegen war unter der kommunistischen Regierung fast unmöglich. Deshalb sage ich, dass Jazz frei macht – denn der Kommissar konnte mir damals nicht sagen, wie ich zu improvisieren, wie ich einen Blues zu spielen habe - Jazz ist Freiheit“.

Später dann war Jazz spielen plötzlich erlaubt. Ja, sogar hip. Kurz darauf spielte Goykovich das erste Mal in einer Radio Big Band. Da war er gerade mal 21 Jahre alt.

Goykovich hörte Roy Eldridge, Louis Armstrong, Dizzy Gillespie aber auch Charlie Parker. Er war begeistert davon, wie immer wieder über ein Thema improvisiert wurde und die Musik einfach immer wieder ein bisschen anders klang. „Die Musiker spielten was sie wollten. Beim Jazz ist das anders und man ist als Musiker frei“. Ganz anders, wie beispielsweise in der klassischen Musik.

1955 kam Dusko nach Deutschland. Der Frankfurter Jazzmusiker und Publizist Carlo Bohländer hatte ihn eingeladen. Und er blieb.  Später spielte er mit Max Greger in München. Doch die Musik war ihm eigentlich viel zu kommerziell. Nach acht Monaten war er zurück bei seinem Jazz.  Denn das ist es was er will. Was er liebt.

 

Er studierte an der Uni Belgrad Literatur und Sprachen. Gleichzeitig war er an der Musikschule. „Ich wollte nur Jazz spielen“. So hat er bei Kurt Edelhagen beim WDR gespielt. Die WDR Big Band gehörte damals zu den besten Bands Europas. Nach viereinhalb Jahren bekam Dusko ein Stipendium für das Berklee College in Boston, um dort das Arrangieren und Komponieren zu studieren. Er hat in dieser Zeit Angebote von Stan Kenton, Count Basie und Duke Ellington ausgeschlagen. Dusko wollte studieren und er wusste, würde er sein Studium unterbrechen, dann würde er nicht zur Uni zurückkehren können.

Doch sagte er bei sich: „Der erste, der nach meinem Studium anruft, mit dem geh ich“. Es war Maynard Ferguson. Eineinhalb Jahre war Dusko mit ihm auf Tournee. Als Ferguson dann nach England ging, wurde Goykovich von Woody Herman engagiert, weil dort gerade ein Trompeter ausgestiegen war.

Auch mit Clark Terry und mit dem Gerry Mulligan Orchestra hat Goykovich gespielt. „Das waren lehrreiche Jahre für mich“. Fünf Jahre verbrachte Dusko Goykovich in den USA. Er kannte alsbald alle Großstädte, jedes Dorf und jeden Club. Doch in den USA ist der Musiker ein Freelancer und die Musiker haben nicht die Sicherheit, wie in Europa. Auch war er der Reiserei nach fünf Jahren überdrüssig. „In den USA hat man immer 4/4 Takt gespielt. Das war der Swing“. Doch Dusko hatte noch andere Ideen, wie beispielsweise die des Balkan Jazz. So gilt er als Erfinder des Balkan Jazz und der Wortumschreibung an sich.

Dusko Goykovich lernte seine Frau in Köln kennen. Sie waren fast 50 Jahre zusammen und haben einen gemeinsamen Sohn, der heute in Schweden lebt.

Bis heute übt Dusko Goykovich jeden Tag auf seiner Trompete. „Aber zuerst geh ich joggen und esse Obst zum Frühstück und trinke einen Kaffee“.  

 

 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

 

 

Unser Gespräch in München 

 

 

Sie kennen Chet Baker, haben gemeinsam mit ihm gespielt?

Ich war sehr eng befreundet mit Chet. Mein ganzes Leben. Wir haben in Europa und New York gespielt. Manchmal hat Chet auch bei mir gewohnt.

 

Was spielen Sie besonders gern?

Ich spiele gerne Balladen. Das ist meine Spezialität.

 

Wie sind Sie zur Trompete gekommen?

Als ich Schüler im Gymnasium war, hab ich die Musikschule in Belgrad besucht. Ich hab den Film „Young man with the Horn“ bestimmt 25 Mal gesehen. Wir sind damals in der Schule abgehauen, um den Film sehen zu können. Das will ich auch spielen, dacht ich damals bei mir.

Meine erste Trompete hab ich von einem Trödler. Hab sie im Fenster gesehen. Es war so eine alte Kornett. Die wollte ich mir kaufen. Für 500 Dinar, das sind fünf Mark. Probiere sie mal aus, sagte der Verkäufer. Doch ich meinte, ich könne nicht Trompete spielen, möge sie aber trotzdem kaufen. Dann hab ich gelernt auf ihr zu spielen. Inzwischen hab ich bestimmt über 100 Trompeten besessen. Meine erste Kornett ist übrigens im Jazzmuseum in Belgrad ausgestellt. Meine Mutter hat sie all die Jahre aufgehoben. Sie ist ganz kaputt und grün und verklebt. Lacht.

 

Foto:

Foto: Marion Graeber

 

 

Wie sind Sie nach USA gekommen?

In den USA war ich das erste Mal in den 50er Jahren bei einem Festival. Später hab ich ein Stipendium an der Berklee bekommen. In Boston hab ich dann eineinhalb Jahre studiert. In meiner Studienzeit haben dann Count Basie und Stan Kenton angerufen, weil sie einen Trompeter brauchten. Doch ich sagte mir, ich müsse erst die Schule fertig machen. Zwei Tage nach dem Ende meines Studiums hat Maynard Ferguson angerufen. Mit ihm ging ich dann auf Tour. Ich hab viel gelernt in der Zeit. Das war große Schule. Aber, wenn du mit berühmten Bands spielen willst – you have to pay the dues. Bei uns in Europa gibt es Radiobands, Orchester. Wenn man einen Job hat, ist man angestellt. Bekommt ein Gehalt, Urlaub und hat Sicherheit. Das gibt es in anderen Ländern nicht.

 

Was fasziniert Sie am Jazz?

Als ich frisch hier aus Jugoslawien angekommen bin, war ich zuerst in Frankfurt. Habe jeden Tag im Jazzkeller gespielt, bis drei, vier Uhr morgens. Man muss versuchen zu spielen, um die Miete bezahlen zu können.

Als Max Greger anrief und einen Trompeter brauchte, ging ich zu ihm nach München. Max hat sehr kommerzielle Musik gemacht. Ich wollte ja eigentlich nicht weg aus Frankfurt. Ich dachte, das machst du so drei Monate. Es waren dann acht. Ich bin dann wieder ausgestiegen, denn ich wollte Jazz machen.

 

Ihr Credo

Es ist mein Credo – ich will Jazz spielen, Trompete spielen. Da hängt mein Herz dran. Es geht in erster Linie um die Musik.  Das war immer so, von Anfang an.

 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

Wie ticken Jazzmusiker?

Jazzmusiker sind verrückt. Lacht. Das ist bekannt. Chet Baker, mein alter Freund, er nahm Drogen. Ich wollte das nie probieren. Ich sagte immer, Jazzmusiker sind schon verrückt, Drogen noch oben drauf, nein, das wollte ich nicht.

 

Haben viele Jazzmusiker damals Drogen genommen?

Ja, viele haben zu dieser Zeit Drogen genommen. Viele haben dabei ihr Leben gelassen. Es gibt und gab so viele gute Musiker – manchmal waren sie nach ein paar Tagen weg. Viele sind viel zu früh gestorben. Ich hab mal meinen Pianisten in Rom auf der Straße aufgelesen. Er hat mir seine Story erzählt. Das ist schrecklich. Er versuchte aufzuhören. Ohne ärztliche Begleitung. Diese Stories haben mich immer abgeschreckt. Keine Drogen! Das sag ich auch meinen Studenten.

 

Würde bei Ihnen zuhause in Belgrad auch Jazzmusik gehört?

Nein, bei uns hat keiner Jazz gehört. Ich bin ein schwarzes Schaf. Lacht.

Ich werde oft gefragt, „Was ist dein Beruf?“. Ich sage dann, dass ich Jazz spiele. Darauf werde ich weiter befragt, „Ja, aber was ist dein richtiger Beruf? Viele glauben, dass man vom Jazz nicht leben kann. Aber ich kann nur das. Lacht.

 

 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

Wie beurteilen Sie den Jazz in Deutschland?

In Europa ist der Jazz generell besser. Das sagen auch die amerikanischen Musiker. Deshalb kommen sie auch nach Europa. Hier werden sie als Musiker und Künstler respektiert.

 

Wo ist das Jazzpublikum?

Louis Armstrong hat einmal gesagt: „Jazz ist da, wo du ihn findest – Jazz is there, where you find it“. Das hat nichts mit dem Land zu tun. Ja, wir haben den Jazz von den USA übernommen. In der Zwischenzeit ist Jazz nicht mehr nur New Orleans. Ist nicht mehr nur Schwarz. Jazz ist heute überall.

 

Wer hört Jazz?

Das ist sehr verschieden. Nicht nur meine Generation hört den Jazz. Ich spiele überall. Ich war in den vergangenen drei Monaten in vier verschiedenen Ländern. Ich sehe, dass auch jüngere Leute kommen. Nicht nur ältere oder mittlere. Jazz zieht keine Massen an. Das war immer schon so. Es gibt aber die Jazzliebhaber. Sie bleiben dem Jazz treu. Ich will sowieso keine Massenmusik machen – no money music. Das ist der Unterschied. Ich mache die Musik der Musik wegen.

 

Sie waren auch mit Miles Davis befreundet?

Ja, Miles hat mir damals viel geholfen. Er hat mich als erster in die USA eingeladen. Miles hat später sein Spiel geändert. Er wurde rockiger. Da hat er mich eines Tages gefragt, wie mir das gefalle. Ich fragt ihn nur, warum er das macht. Letztendlich wurde das wegen Geld gemacht. Er wollte es nur kurz machen. Aber er kam nicht mehr zum Jazz zurück.

 

 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

Hatten Sie weitere Freundschaften in den USA?

Ich war mit ihnen allen befreundet. All die großen Jazzmusiker aus dieser Zeit. Sie haben mir sehr geholfen. Wenn du in New York bist und du kennst niemanden und niemand kennt dich, dann ist das sehr schwierig. Wenn man aus Deutschland kam, wurde man nur akzeptiert, wenn man auch wirklich was konnte.

 

Warum sind Sie zurück nach Deutschland?

Das Reisen war sehr anstrengend und ich wollte nach fünf Jahren zurück. Ich hab alles gesehen, mit allen Leuten gespielt. Ich wollte nach good old germany.

 

Was bedeutet Ihnen München?

Hier atme ich auf. Eigentlich dachte ich ja, jetzt wo ich älter werde,kommen weniger Anrufe. Aber im Gegenteil. Ich hab viel zu tun. Schöne Gigs und gute Musik spiele ich gerne. Ich suche es mir aus.

 

Wie oft üben Sie Trompete?

Jeden Tag. Ich bin das so gewohnt. Von der Studentenzeit bis jetzt. Das sind über 60 Jahre. Es macht mir immer noch Spaß. Wenn mir was einfällt schreibe ich neue Kompositionen. Demnächst bin ich in Burghausen auf einem Jazzfestival.

 

Sie haben Ihre Trompete immer bei sich?

Meine Trompete ist immer bei mir. Auch im Urlaub. Meine Frau hatte dafür immer Verständnis. Mit meiner Frau war ich 47 Jahre zusammen. Sie war so gut zu mir.

 

Wie kam es zum Balkan Jazz?

Als ich Berklee war, haben einige Musiker mit denen ich gespielt habe gesagt, ich würde doch aus so einem komischen Teil von Europa kommen. Wie heißt das? Balkan? Wenn du ein richtig kreativer Jazzmusiker sein willst musst du zu deinen Wurzeln gehen. Damals hab ich angefangen den Balkan Jazz zu kreieren. Wir wussten nur noch nicht, dass es Balkan Jazz ist und auch so genannt werden würde. Ja, ich hab das angefangen. Es ist keine Kopie von Volksmusik. Es ist alles komponiert und arrangiert. Später sind dann viele auf den Zug aufgesprungen.

 

Foto: Marion Graeber

 

 

Jazz macht frei – was kann man darunter verstehen?

Wo wir aufgewachsen sind, da herrschte der Kommunismus. Für uns Musiker war die Musik und der Jazz das Einzige, wo wir wirklich frei waren. Das galt für alle Musiker aus Ostländern. Der Jazz war ein Zeichen für Freiheit. Ich bin frei, ich entscheide selbst, was ich spiele. Jazz ist Improvisation. Es entsteht immer etwas Neues. Man spielt, es ist die eigene Entscheidung.

 

Was macht einen guten Jazzmusiker aus?

Egal was du spielst – es kommt darauf an, wie du es spielst. Es muss deinen eigenen Sound haben. Dein eigenes Konzept haben. Spielen können viele. Du musst dich abheben. „My funny valentine“ ist ein gutes Beispiel dafür – es kommt darauf an, wie du es spielst.

 

Haben Sie ein Lebensmotto?

No Stress. Wenn es geht – no stress. Practice, play your trumpet and no stress. Take it easy. Lacht.

 

Sind Sie ein Nachtmensch?

Ja, ich bin viel in Clubs unterwegs. Da wird es Mitternacht oder ein Uhr … Das hab ich gelernt. Wenn ich zuhause bin, steh ich morgens auf und geh joggen. Mit meinen 84. Lacht. Dann komm ich zurück und mach mir Obst zum Frühstück und einen Kaffee. Dann spiel ich Trompete. Da kann passieren was will. Gut Essen, gut schlafen und Selbstdisziplin. Das ist ein Muss als Freelancer. Man muss einen Plan haben. And no drugs!

 

Mögen Sie die Natur?

Mein Vater kam aus Montenegro. Da sind die Bergleute. Ich mag die Natur, den Wald. Meine Mutter kam aus Belgrad, war deutscher Abstammung. Mein Sohn wohnt in Schweden.


Haben Sie schon früh gewusst, wo Ihr Weg hingeht?

Als Teenager weiß man überhaupt nichts. Mit 17 hab ich Literatur, Sprachen und Philosophie studiert. Zur gleichen Zeit war ich auch in der Musikakademie. Ich hab mich später dann entschieden Musik zu machen. Trompete zu spielen. Jazz zu spielen. Ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ich hab sehr viel Schönes erlebt. Gute Leute kennen gelernt.

 

Du bist auf die Welt gekommen und Gott hat dir ein Talent gegeben. Man muss es finden und damit arbeiten.

 

Liebsten Dank Dusko Goykovich. Eine ganz besondere Freude für mich, mich mit Ihnen unterhalten zu dürfen. Danke. Alles Liebe.

 

 

 

 

 

'Wer seine Musik hört, ihr lauscht, sie fühlt - der wird erkennen, was für ein Mensch mein Vater war'

Paul Baker 

 

Foto: Paul Baker - Courtesy of the Chet Baker Estate

 

  

Interview mit Chet Baker's Sohn Paul

Von Marion Graeber

18. November 2013 

 

 

Erzählen Sie etwas über Ihren Vater, Chet Baker. Über seine Familie, Ihren Großvater - auch er war Musiker? Wie ist ihr Vater aufgewachsen?


Chet wurde im Jahre 1929 in Oklahoma geboren. Das war die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Außerdem war es der Anfang ‚of the Dust Bowl‘ (besonders heftige Staubstürme in den USA der Jahre 1935 - 1938 a.d.R.). Die Familie meines Vaters ist in dieser schwierigen Lebensphase eng zusammengerückt, so wie das viele Familien in Oklahoma getan haben. Später sind meine Großeltern mit meinem Vater nach Kalifornien gezogen. Da war Chet zehn Jahre alt. Mit 15 wurde er dann in die US Army eingezogen. Er war dann auch in Berlin stationiert.

  

Ja, auch mein Großvater war Musiker. Er spielte Banjo/Gitarre. Er sang auch. Seinen Musikstil könnte man als ‚Country Swing‘ beschreiben. Er spielte Songs von Bob Wills (James Robert ‚Bob‘ Wills – US amerikanischer Country-Musiker und Begründer des Western Swing a.d.R.)

 

Foto: Courtesy of the Chet Baker Estate

 

 

Chet liebte den Jazz. Der Jazz war sein Leben – wie erklären Sie sich das?

 

Mit der Musik konnten viele Menschen ihre Sorgen für einen Moment vergessen. Der harten Zeit der Weltwirtschaftskrise entfliehen. Im Radio lief häufig gute, romantische Musik. Mein Vater wuchs mit dieser Musik auf. Meine Oma erzählte, dass mein Vater schon als kleines Kind viel Zeit vor dem Radio verbrachte. Er lauschte der Musik, bewegte sich zu ihr und sang sie nach. Chet war ein sehr sensibler Mensch, dem offensichtlich gefiel, was er hörte. Er wollte diese Musik auch spielen. Wollte ein Musiker sein.


Im Alter von zehn Jahren hat Chet eine Posaune von seinem Vater bekommen. Warum wechselte er wenig später zur Trompete?

 

Die Posaune war zu lang für seine Kinderarme. Er konnte sie nicht spielen. So wie es für jedes zehnjährige Kind wohl unmöglich wäre. So wählte er die Trompete.

 

Chet wuchs als Einzelkind in einer liebevollen Familie auf. Seine Mutter war sehr fürsorglich. Können Sie etwas darüber erzählen?

 

Chets Mum (meine Oma) war eine gute Mutter. Ein guter Mensch.

 

Chet hatte keine Musikstunden. Alles was er konnte, hat er sich selbst beigebracht. Darüber hinaus spielte er nur nach Gehör und Gefühl. Er war sensibel, melancholisch und schwermütig?

 

Seine Musik war wie seine Gefühle. Sie kam direkt aus seinem Herzen. Sein Ausdruck, die Art wie er spielte und sang – das war er. Ein echter Musiker mit Leib und Seele.

 

Die Zeit in Deutschland hat Chet geprägt. Es scheint so, als sei seine musikalische Persönlichkeit in dieser Phase entzündet worden. Er war viel am Wannsee, er schrieb Musik während er in einem kleinen Boot über das Wasser segelte. Hörte viel Dizzy Gillespie und Stan Kenton….

Chet war leise, romantisch, sensitive. Doch er konnte auch der starke Charakter sein…

So wäre er beispielsweise heute wütend, würde er erleben, wie manche Plattenlabels und –firmen Vorteil aus seiner Musik gezogen haben und bis heute ziehen. Die Art, wie sein musikalisches Erbe, sein Nachlass behandelt wird und wie wir als Familie von Chet Baker wieder und wieder die Lizenzgebühren einsammeln müssen.... Es ist schon eine lächerliche Geschichte, wie ich, als Manager des Chet Baker Nachlasses, um dieses Erbe kämpfen muss.

 

 

Foto: Chet Baker - Courtesy of the Chet Baker Estate

 

 

 

In seiner Zeit in Berlin hörte Chet Jazz Radio. Zurück in den USA zog er durch die verschiedenen Jazz Clubs. Er traf einige wichtige Jazz Musiker, wie beispielsweise Charlie Parker. Auch Gerry Mulligan. In dieser Zeit wurde der ‚West Coast Jazz‘ geboren. Chet war sanft, relaxed, zart und sehr gut aussehend. Er spielte seine Trompete cool, aber auch beseelt, zerbrechlich und mit einer unheimlichen Tiefe. Mit einer gewissen Traurigkeit. Wie beschreiben Sie Ihren Vater?

 

Wer seine Musik hört, ihr lauscht, sie fühlt, der wird erkennen, was für ein Mensch mein Vater, Chet Baker war.

 

Cool Jazz – was können  Sie über die Jazz  Szene aus dieser Zeit erzählen? Die Clubs waren damals viel kleiner, gemütlich, kuschelig…. sie hatten so eine eigene, ganz spezielle Atmosphäre.

 

Beim Cool Jazz geht es um das Gefühl und den Ausdruck. Man muss die Nuancen beachten. Sie hören und fühlen. Und um sie wirklich hören zu können, mussten die Räume, die Clubs, eine bestimmte Größe haben die diese Akustik zu ließen. Damals ging es nicht um den Verkauf vieler Tickets. Es ging nicht so sehr um das Geschäft und die Vermarktung. Es waren echte Künstler, die einen Platz suchten, um ihren Traum zu leben.

 

‘My funny Valentine' ist unvergessen. Ich kenne einige wirklich gute europäische Jazz Musiker. Kürzlich fragte ich einen Jazzer:  "Bitte, spiel 'My funny Valentine'". Doch er entgegnete mir: "Ich werde nie 'My funny Valentine' spielen, den niemand spielt 'My funny Valentine' wie Chet Baker".  

 

‘My funny Valentine’ ist ein Lied, welches von einer sanften Liebe erzählt. Zerbrechlich und imperfekt.  Die reine Liebe, die direkt das Herz trifft.    

 

 

Foto: Chet Baker - Courtesy of the Chet Baker Estate

 

 

 

Drugs and musicians – gibt es keinen Weg zu entkommen?

 

Manche Menschen sind so sensibel, dass sie nach einem anderen, einem mentalen Ort suchen. Ein Ort, der ihnen Zuflucht gibt und Sicherheit…. Andere wiederum wollen nur ‚high‘ sein…. Keiner weiß wirklich, warum Menschen Drogen nehmen…. Viele Menschen scheinen meinen Vater als einen ‘poster boy for drug usage‘ zu sehen – doch er schenkte uns wundervolle Musik. Ich meine, Van Gogh hat sich sein eigenes Ohr abgeschnitten, doch alle feiern seine Arbeit, so wie sie es verdient…. Es ist an der Zeit, auch Chet Baker auf diese Weise zu sehen.

 

Chet Baker als Vater – wie empfinden Sie? Wie sind Sie aufgewachsen? Haben Sie die Einzigartigkeit Ihres Vaters schon als Kind erkannt?

 

Ich liebe meinen Vater…. Er war Jazz Musiker, aber er hätte auch Klemptner sein können. Das hätte an meiner Liebe nichts geändert.

 

Foto: Paul Baker and Bruce Guthrie - Courtesy of the Chet Baker Estate

 

Wie sieht Ihr Leben aus? Was machen Sie? Lieben Sie Jazz? Die Musik Ihres Vaters?  

 

Die Musik meines Vaters ist wundervoll. Auch für mich. Ich höre sie ständig. Zusammen mit Bruce Guthrie habe ich die 'Chet Baker Foundation' in Oklahoma gegründet. 

 

Als Manager bin ich fokussiert, alles was in die Familie gehört zurück zu bekommen. Das ist zeit- und kostenintensiv. Auch benötigen wir die Unterstützung von Rechtsanwälten. Viele großartige Künstler, mein Vater eingeschlossen, waren keine Geschäftsmänner. Ich habe nun die Verantwortung übernommen, die Geschäftsangelegenheiten in Bezug auf Chet Bakers Musik zu entzerren.

 

Vielleicht mögen Sie mir etwas über Ihre Familie erzählen, Ihre Geschwister, was machen sie heute? Spielt der Jazz eine wichtige Rolle in ihren Leben?

 

Sie haben ihr Privatleben.

 

In einem Interview sagte ihr Vater ‘Ich habe keine Angst jung zu sterben – solange es für die Musik ist‘. Glauben Sie Ihr Vater musste den Weg gehen, den er gegangen ist?

 

Ja, er war wie er war – wundervoll. Sein Leben war die Musik.

 

Der Tod von Chet Baker ist bis heute mysteriös – möchten Sie etwas dazu sagen?

 

… hinterließ er uns nicht ein wundervolles, künstlerisches Erbe….

 

 

 

Die 'Chet Baker Foundation' ist dankbar über jegliche Chet Baker Erinnerungsstücke/Musik oder Spenden. Auch über die Veranstaltung von 'Chet Baker Tribute Konzerten'.

 

www.chetbakerjazz.com

  

 

 

 

 

Lieben Dank für die Möglichkeit, dieses Interview mit Ihnen führen zu können 

   

 

 

 

 

 

 

'Ich habe keine Angst jung zu sterben,  

solange es für die Musik ist'

Chet Baker

 

 

Chet Baker with Stan Getz 1983 Foto: Geir

 

 

 

 

Marion Graeber

7. Oktober 2013

 

Chet Baker – Trompeter und großer Musiker des Cool Jazz

 

Sein Leben war der Stoff, aus dem Legenden entstehen. Ein Leben geprägt von Musik aber auch von Drogen, Gefängnis- und Frauengeschichten, sowie einer wahren existenziellen Achterbandfahrt.

Doch sein Trompetenspiel ist cool, beseelt, zerbrechlich, melancholisch und mit einer ungeheuren Tiefe.  

 

Chet Baker wurde im Jahre 1929 in Yale geboren 

 

Am 23. Dezember 1929 wurde Chesney Henry Baker in Yale, Oklahoma geboren. Zur Zeit seiner Geburt verdienten die Menschen ihr täglich Brot in den Fabriken, bei den Ölquellen oder auf dem Land. Für den Jazz herrschte in dieser Umgebung wenig Interesse. Doch Chet war dem Jazz zugetan. Sein Leben lang. Während seines Militärdienstes in Berlin hörte er den Jazz intensiv.  

 

Auch der Vater war Musiker 


Auch Chets Vater spielte Jazz – Swing und eine jazzige Art von Country and Western. Doch die Einkünfte aus der Musik sind in den Jahren der Depression nicht gerade üppig. 1940 zieht Chet mit seiner Familie ins kalifornische Glendale, da sein Vater eine Stelle bei der Firma Lockheed bekommen konnte. Glendale ist eine kleine Industriestadt, etwas nördlich von Los Angeles.  

 

Chet wuchs als ein Einzelkind auf und bekam zeitlebens von seiner Mutter die volle Aufmerksamkeit. Er wurde verwöhnt und seine musikalischen Fähigkeiten wurden gefördert. An Sonntagnachmittagen schleppte ihn seine Mutter zu Wettbewerben. Bereits als er zwölf Jahre alt war, sang er populäre Songs aus der Zeit, wie beispielsweise ‚Old Devil Moon‘ oder 'I Had The Craziest Dream‘ .

 

Ein einzigartiges Gefühl für die Musik 

 

Chet hatte ein unglaubliches Gespür und ein einzigartiges Gefühl für die Musik. Er lernte die Songs auswendig. Viele sagten ihm sogar nach, gar keine Noten lesen zu können. Chet Baker blieb zeitlebens Autodidakt. Er verließ sich ständig und völlig auf sein Gehör.

 

Im Alter von zehn Jahren bekam Chet eine Zugposaune, die er jedoch in eine Trompete umtauschte. Professionellen Unterricht hat er nie genossen. Er hörte den Jazz und spielte ihn nach.

 

Zahnprobleme begleiten Chet 

 

Chet spielte seine Trompete auf seine Weise. Doch seine Technik musste er immer wieder an seine Lebensumstände anpassen, denn Zahnprobleme begleiteten ihn sein Leben lang. Er spielte gerade einmal sechs Monate Trompete, da warf ein Junge einen Stein nach ihm. Chet verlor dabei seinen Schneidezahn, was ihn dazu gezwungen hat, seine Technik zu ändern. Hohes und lautes Spielen musste er dabei einschränken. Bis 1968, als er ein künstliches Gebiss bekommt, muss er ohne den so wichtigen Schneidezahn zurechtkommen.  

So hält er auch auf Fotos seinen Mund meistens geschlossen.  

 

Die Militärzeit / Einflüsse des Jazz 

 

Mit dem Weg zum Militär wurde Chet in die 298th Army Band zugelassen und war ein Jahr in Berlin stationiert.   Kritiker vergleichen Chet Baker mit Bix Beiderbecke und auch Bobby Hackett. Doch auch wenn es einige Ähnlichkeiten gibt, kann wohl doch nicht von einem Einfluss die Rede sein. Denn Chet ist bereits als Teenager Anhänger des damals modernen Bebop und hat wenig Interesse am älteren, traditionellen Jazz. Die ersten V-Discs, die er über das Armed Forces Network zu hören bekommt, sind von Dizzy Gillespie und Stan Kenton. Chet erzählte später in einem Interview, dass Dizzy wahrscheinlich sein erster Einfluss war.

 

Chet zurück in Los Angeles 

 

Im Jahre 1948 wurde Chet aus der Armee entlassen und kehrte nach Kalifornien zurück. In Los Angeles ist er damit beschäftigt den Jazz kennen zu lernen, insbesondere die Jazzszene von Los Angeles. Chet besuchte eine Jam Session nach der anderen.

Im Jahre 1950 heiratete er das erste Mal. Charlaine arbeitete in einem Bekleidungsgeschäft und finanzierte das Musikerleben ihres Mannes. Doch die Ehe hielt nicht lang.  

 

Chets früheste Aufnahmen 

 

Chets früheste Aufnahmen stammen vom 24. März 1952 – Chet jammt mit den Saxophonisten, Sonny Chriss und Wardell Gray und einigen anderen. In dieser Zeit spielt er auch mit der Gruppe von Stan Getz. Kurze Zeit danach hat Chet seinen Durchbruch.

 

So veranstaltete Charly Parker seinerzeit im 'Tiffany Club' ein Probespiel. Chet hat seine Version des Probespiels wohl fast jedem Interviewer erzählt.  

Die Erfolgsgeschichte verläuft wie folgt: Im dämmrigen Club testet Parker einige Trompeter aus. Chet kommt herein und als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, sieht er, dass quasi alle Trompeter von LA anwesend sind. Parker, der offenbar von Chet gehört hat, fragt, ob er schon eingetroffen sei. Chet stellt sich vor, tritt auf die Bühne und nach zwei Stücken teilt Parker mit, dass das Probespiel abgeschlossen sei und Chet den Job bekommen würde.  

Später, als Parker wieder in New York war, erzählte er allen Trompetern: Da gibt es einen jungen, weißen Typen an der Westküste, der dich an die Wand blasen wird….

 

Chet und Parker im 'Tiffany Club' in Los Angeles 

 

Chet und Parker traten am 29. Mai 1952 erstmals im 'Tiffany Club' von Los Angeles auf. Es folgten unter anderem zwei Benefizkonzerte und eine Woche im 'Say When Club' in San Francisco. Dieses Engagement kam jedoch zu einem jähen Ende, als Parker ansagt, dass im Club eine Kollekte für Spastiker durchgeführt werden würde und ,dass der Clubbesitzer am Ende einen Scheck über das Doppelte des eingesammelten Betrags ausschreiben werde. Der Clubeigentümer weigerte sich und meinte, er habe seinen Beitrag bereits geleistet. Parker nimmt wieder das Mikrophon und bezeichnet den Eigentümer vor dem Publikum als Geizhals. Daraufhin wird das Charlie-Parker-Quintett fristlos entlassen.

 

Das Gerry-Mulligan-Quartett 

 

Chets nächste Station war das erste klavierlose Gerry-Mulligan-Quartett: Mulligan, Bob Whitlock, Chico Hamilton und Chet Baker.

Auch über das Zusammenspiel von Mulligan und Chet wurde viel geschrieben. Beispielsweise, dass sich beide auf eine fast telephatische Weise verstanden haben sollen. Für manche Stücke hat Mulligan Arrangements ausgeschrieben, andere Bearbeitungen entstanden dagegen völlig spontan. Mulligan war verblüfft über das Naturtalent seines jungen Sideman. Chet hatte nie Angst einen Fehler zu machen, er spielte einfach nach Gefühl.

 

'My funny Valentine' 

 

Über ‚My funny Valentine‘ schrieb der holländische Schriftsteller, Jules Deelder in ‚Modern Passé‘ „Sein ‚My Funny Valentine‘ war doch das Schönste. Und ist es noch immer. Wem da das Auge trocken bleibt, dem ist alles Menschliche fremd.Und dabei spreche ich noch nicht einmal über die gesungene Version, die völlig unvergesslich ist“.  

 

'My funny Valentine' steht seither in enger Verbindung mit Chet Baker. Wenn die ersten Töne erklingen, werden sie eins - der Musiker und das Lied.   

 

West Coast Jazz 

 

Mit den Erfolgen des Gerry-Mulligan-Quartetts entsteht eine populäre Musikform, die West Coast Jazz genannt wird. Leichtfüßige, weiße Musik, die in mancher Hinsicht das Gegenteil des hitzigen Hardbop der Ostküste ist.

Als Mulligann wegen eines Drogenvergehens im Frühjahr 1953 ins Gefängnis musste, gründete Baker mit dem Pianisten Russ Freeman ein eigenes Quartett. Es entstanden zahlreiche Aufnahmen unterschiedlicher Qualität. Dank seines Aussehens und der Ähnlichkeit mit James Dean entstanden auch einige Fotografien in dieser Zeit. Er avancierte zum Star und ließ Jazzgrößen wie Dizzy Gillespie, Miles Davis und Clifford Brown hinter sich. Ungefähr zu dieser Zeit begann jedoch auch seine Heroinabhängigkeit, die ihn bis zu seinem Tode begleiten sollte.

 

Chet Baker sings 

 

Am 27. Oktober 1953 nimmt er erstmals ein paar Stücke als Sänger auf. Balladen wie „The thrill is gone“ und „I fall in love too easily“.

Viele Fans sind verrückt nach Chet Baker. Seine Melancholie, seine Fragilität und die Sanftheit trafen mitten ins Herz. Auch heute noch.

  

Freeman verließ das Quartett im Jahre 1955, da er von lauter Heroinabhängigen umgeben war. Baker engagierte hierauf den begabten, jedoch gleichfalls heroinsüchtigen Pianisten, Dick Twardzik. Gemeinsam gingen sie auf Tournee nach Europa. In Paris entstanden einige herausragende Aufnahmen. Die Erfolge der Band wurden jedoch im Oktober 1955 vom Herointod Twardzik überschattet. Er wurde nur 24 Jahre alt.

 

Drogen begleiten ihn fortan 

 

1956 ging Chet Baker in die USA zurück. Drei Jahre später wurde er wegen Drogenbesitzes festgenommen. Baker reiste nach Italien, doch auch dort wurde er wegen Drogendelikten verhaftet. Er verbrachte fast zwei Jahre im Gefängnis. Auch in Deutschland wurde er wegen Drogendelikten verhaftet und später in die USA ausgewiesen.

 

Im Sommer 1966 wurde Chet Baker Opfer einer Schlägerei, bei der seine Zähne noch stärker beschädigt wurden. Folge der Zahn- und Kieferprobleme war, dass sich Baker alle Zähne ziehen und eine Prothese anfertigen ließ – eine Katastrophe für einen Trompeter. Doch Chet Baker spielte weiter Trompete und dank Dizzy Gillespie gelang ihm sogar ein Comeback.

 

1978 zog Baker wieder nach Europa. Dort erlebte er einen wahren Popularitätsschub, wobei er in den USA etwas in Vergessenheit geriet.  

Drogen und der unstete Lebenswandel mit häufig wechselnden Wohnorten und Musikpartnern prägten ihn. Seine Musik erlangte eine noch tiefere Intimität. War emotional, tief und gehaltvoll.

 

 

Foto: Michiel Hendryckx 1983

 

 

Phil Markowitz, Jeff Brillinger, Philip Catherine, Jean-Louis Rassinfosse sowie Harold Danko, Hein van de Geyn und John Engels waren Musikpartner aus dieser Zeit.

 

 

Wie sein Leben eine Legende war, so war es auch sein Tod 

 

Wie sein Leben eine Legende war, so war es auch sein Tod. Am Freitag, 13. Mai 1988 fiel Chet Baker aus dem Amsterdamer Hotel „Prins Hendrik Hotel“ aus dem Fenster. Ob er gestoßen wurde, oder im Drogenrausch aus dem Fenster fiel, ist bis heute nicht geklärt.

 

Beigesetzt wurde Chet Baker auf dem Inglewood Park Cemetery in Los Angeles. Außer ein paar Familienmitgliedern war fast niemand gekommen. (Chets dritte Frau, Carol Baker, ihre drei Kinder und seine zweite Frau, Halema waren anwesend). Der Trompeter, Jack Sheldon, sollte angeblich ‚My funny Valentine‘ für Chet spielen. Doch er war verhindert.

 

 

 

Chet Baker, Trompeter und Sänger – ein zarter, gefühlvoller, melancholischer, schwermütiger Mensch, der durch seine berührende Musik, die aus der Tiefe seines Herzens kam,  für immer unvergessen bleibt.  

 

Informationsquelle/Recherche diverse Medien

und Jeroen de Valk "Chet Baker" 

 

 

 

 

 

Foto: Jeroen Coert